Ich esse leidenschaftlich gern Kuchen und Torten, am liebsten in „Oma-Cafés“, die der Gentrifizierung noch nicht zum Opfer fielen und deren Einrichtung vom Zeitgeschmack bislang verschont blieb: Wo alte Damen mit lila Wasserwelle an ihrem Kaffee mit Sahnehäubchen nippen oder Ragout fin aus Königinpastetchen löffeln und die „Neue Post“ aus dem „Lesezirkel“ ausliegt.
Schon als Kind wollte ich später so eine Dame im Café werden, wie meine eigene Oma sie war – die Krokohandtasche neben der Schwarzwälder-Kirsch-Torte abgelegt. Doch bis es soweit ist, fürchte ich, sind Cafés dieser Art ausgestorben. Denn in den letzten Jahren mussten mehrere meiner Münchner Lieblingscafés schließen, zum Beispiel das Café Tela in Giesing und zuletzt mein Favorit und häufiger Zufluchtsort Café Hag gegenüber der Residenz. Oder sie wurden gentrifiziert wie das Café Reichshof in Haidhausen. Auch für den Aufenthalt in anderen Städten muss ich oft lange und aufwendig recherchieren, bis ich ein Café nach meinem Geschmack finde.
Deshalb will ich dem Sterben nicht länger zuschauen und Bäckereien, Konditoreien und Cafés im alten Stil vorstellen. Vielleicht verführt das den ein oder anderen dazu, ihnen einmal einen Besuch abzustatten. Und vielleicht überleben sie dadurch ein wenig länger, zumindest virtuell. Damit ich meinen Traum vom Alter noch etwas länger träumen kann…
Zum Thema Gentrifizierung: Allemal ist es besser, wenn ein Café modernisiert wird und einen neuen Besitzer findet, der vielleicht bonbonfarbene Macarons und Mousse-Törtchen kreiert, als wenn eine schnöde Ladenkette einzieht. Ich habe auch nichts gegen Macarons und Mousse-Törtchen – esse ich auch mal gern – oder gelungene moderne Innenarchitektur. Sie sind nur nicht in meinem Fokus und erhalten ja genügend Aufmerksamkeit anderswo.
Ach, ich scheine eine Seelenverwandte gefunden zu haben! Auch ich träume von den Cafés meiner Kindheit und stelle mit Schrecken fest, dass es wohl bald keine althergebrachten Cafés mehr gibt. Gerade bin ich bei meiner Konditoreirecherche auf diese Seite gestoßen – wie wunderbar!
Morgen kommt meine Mutter nach München und ich wollte Sie endlich aus den schicken Macaronläden rauslocken, die neuerdings wie Pilze aus dem Boden schießen. Gestern habe ich sogar schon einen in Freising gesehen.
Liebe Yvonne,
wie schön, das freut mich sehr! Wenn du irgendwo in München noch etwas entdeckst nach unserem Geschmack, dann gib mir einen Tipp. War jetzt etwas abgelenkt, weil ich so viel anderes zu tun hatte, aber dein Kommentar ist eine tolle Motivation, mal wieder auf die Pirsch zu gehen.
Liebe Olga,
ich lese Deine Texte und sehe Deine atmosphärischen Fotos – in meiner Vorstellung sehe ich Dich mit großen Augen und lachendem Gesicht in diese Cafés eintreten um mit viel Aufmerksamkeit jedes Detail aufzunehmen und festzuhalten … wie wunderbar!!!
Jutta
Danke dir!!!