Nebotičnik bedeutet Wolkenkratzer auf Slowenisch. Nach heutigem Maßstab wohl eher ein Witz, war der 70 Meter hohe Turm im Zentrum von Ljubljana nach seiner Erbauung in den 1930er Jahren lange Zeit das höchste Gebäude im osteuropäischen Raum mit damals modernster Technik wie Klimaanlage, Zentralheizung und schnellen Aufzügen.
Das Gebäude
Der von Vladimir Šubic genau durchkomponierte Komplex ist eine Mischung aus Art Déco und Neoklassik. Deutlich erkennt man den Einfluss des großen Städtebauers Jože Plečnik, der die Stadtbilder von Wien, Prag und Ljubljana durch diesen Stil prägte. In der etwas zurückgesetzten Krone mit den antikisierten Rundbogenfenstern befindet sich das vor einigen Jahren wiedereröffnete Café mit 360 Grad Panoramaterrasse und dort hinauf fahre ich nun.
Außenfassade, Eingang, Treppenhäuser und Lifte sind noch original erhalten. Und obwohl das auf die Inneneinrichtung nicht zutrifft, ist sie doch so schlicht und zeitlos in klassischem Cremetönen gehalten, dass sie aus den 30ern, 70ern oder eben dem 21. Jahrhundert stammen könnte. Also durch den dunkelgrün marmorierten Eingang entlang der Bronzebüsten mit dem Lift hinauf in den 12. Stock.
Das Café
Wie ein überdimensionales Schneckenhaus windet sich die eichenverschalte Wendeltreppe mit ihren gelb beleuchteten Stufen durch die letzten drei Stockwerke und bestimmt das Raumgefühl. Mehr an Inneneinrichtung braucht es gar nicht. Man hat von allen Plätzen einen traumhaften Blick auf alte und neue Stadt, Burg oder Berge. Unglücklicher-weise versperrt mir eine Gruppe von Fotografiestudenten etwas die Sicht, die sich mit ihrem Professor auf der Terrasse postiert und ihr umfangreiches Equipment in Stellung gebracht hat. Eifrig wird bis in die Dämmerung hinein geknipst und diskutiert.
Tatsächlich erweist sich der Abend als äußerst fotogen, wie man an dem Foto von der Altstadt erkennen kann.
Der Kuchen
Unscheinbar sieht er aus. Lange umschleiche und beäuge ich ihn in seiner Vitrine und erkundige mich nach den Zutaten. Der Kellner zählt eine lange Liste auf, in der irgendwo „the stuff you can make drugs from“ vorkommt. Das kann kein ganz schlechter Kuchen sein. Erst später bemerke ich, dass es sich dabei um DIE slowenische Kuchenspezialität handelt. Die Prekmurska gibanica besteht aus zu vielen Schichten, als dass man sie sich merken könnte: hier also die Liste aus dem Originalrezept: Mürbteig, Strudelteig, Mohnfüllung
(- ah! the drugs! -), Sahneguss, wieder Teig, Quarkfüllung, Teig, Walnuss-füllung, Teig, Apfelfüllung, alles wiederholen, letzte Schicht Sahneguss und Butterguss. Ich hätte das nicht alles einzeln herausschmecken können, der Kuchen schmeckt auf jeden Fall sehr vielschichtig und saftig. Und ist genau das Richtige für jemanden wie mich, die sich nie entscheiden kann zwischen Sahne-, Obst- oder Käsekuchen. Sehr sättigend außerdem – die Zutantenliste spricht für sich – mit einem Glas sehr gutem slowenischen Weißwein wird daraus mein Abendessen.
Übrigens sucht man die K&K-Kaffeehaus-Atmosphäre, die man in Ljubljana nach dem Architekturstil zu urteilen doch finden müsste, in der Stadt vergeblich. Cafédichte und Kuchenqualität ist zwar sehr hoch, aber ausschließlich sehr modern und Mousse-Törtchen-lastig. Ein besonders schönes Exemplar mit gelungenem Alice-im-Wonderland-Interieur in Pastell ist das in einem historischen Kaufhaus untergebrachte Café Lolita.
Nebotičnik Kavarna
Štefanova ulica 1
1000 Ljubljana
Slowenien
Tel. +386 40 601 787
www.neboticnik.si
IC-Bus: München ZOB – Ljubljana, ca.5 Stunden, dann 10 Min. Fußweg Richtung Altstadt
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