Oase Arzmiller

Ein eiskalter Wintertag in München. Ein Freund, mehr oder weniger Tourist in München, hat mir das Café Arzmiller wieder in Erinnerung gerufen. Ich bin kein regelmäßiger Gast dort, aus welchen Gründen auch immer. Er nennt es Café Theatinerhof. Denn dort liegt es, in unmittelbarer Nähe meiner liebsten, oft frequentierten Shopping-Meile und Kirche, und doch entrückt vom Trubel, und deshalb eine Oase. Die Essenz von München ist für mich dieser Abschnitt zwischen Odeons- und Marienplatz, Residenz- und Theatinerstraße. Das perfekte München-Parfum! Erst in die Theatinerkirche und Gott danken für die vollkommene Schönheit der Kirche, dann die Kleider von Talbot Runhof anschauen, in denen ich heiraten will, falls das mal der Fall sein sollte. Anschließend zu Bose, den Sound aufsaugen. Schließlich aus dem Traum wieder erwachen und bei Comptoir des Cotonniers die Business-Klamotten kaufen und ganz notfalls noch zu Zara. Wenn was für den Haushalt fehlt, rechts abbiegen in die Fünf Höfe zu Muji. Dabei versuchen, sich nicht durch das Tesla-Auto gegenüber ablenken zu lassen, auf das alle Männer fliegen und das mich an Tschitti-Tschitti-Bäng-Bäng erinnert. Bei diesem vollen Programm schien nie Platz, nie Zeit für das Café Arzmiller.

Theatinerplatz

Aber jetzt. Samstagnachmittag bei minus 14 Grad. Im Café geht es zu wie am Stachus. Das Kuchenbuffet bereits ziemlich abgegrast. Der Tisch ganz hinten am Fenster wird frei. Der Theatinerplatz liegt damit toskanagelb, groß und leer vor mir. Wieviel lieber mag ich es hier im Winter mit freiem Blick auf den schönen Platz. Der ja wohl bald auch zur Baustelle wird, wie bereits ein großer Teil der Münchner Innenstadt. Wo sollen wir dann alle hin? Vielleicht nach Augsburg.

Kuchenzettel

Ich gebe (old-school) den Kuchenzettel beim „Fräulein“ ab, das noch im Servierkittel bedient. Das „Fräulein“ war früher wohl eine Art drittes Geschlecht. Jungfräulich, unantastbar, selbstbewusst, single. Vielleicht sollte man den Begriff im Rahmen der Transgender-Debatte einfach neu interpretieren.

Ich bleibe nicht lang allein, dazu ist es zu voll. Und Sinn von Cafés ist es ja auch sich dazu zu gesellen, zumindest in Bayern. Ein älteres Paar setzt sich neben mich. Nach etwas Smalltalk mit mir widmen sie sich ihren eigenen Themen: Aktienanlagen, Golfturniere, Sri Lanka. Sie checken dabei ihre Terminkalender im IPad. Komisch, dass ich immer denke, nur ich hätte ein Recht, mich jünger zu fühlen als ich bin. So wird wahrscheinlich auch mein Alter aussehen. Wasserwelle, Puder und Lesezirkel adé.

Flockensahne

Flockensahne ist eine Art Windbeutel in Tortenform. Mein Stück ist immens, mit einer ca 10 cm hohen Schicht Sahne, und mit Preisselbeeren gefüllt. Es hätte auch Zwetschgenbavesen und Fränkische Krapfen gegeben. Und noch 20 andere Torten. Sowie Guglhupf, was die Spezialität hier ist. Beim nächsten Mal.

Café Arzmiller
Salvatorstr. 2
80333 München
U4/5: Odeonsplatz
Odeonsplatz überqueren, hinter der Theatinerkirche rechts in Theatinerhof einbiegen

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